In Facebook findet man ja allerlei Zeug, das gepostet und geteilt wird – ganz häufig dann auch niedliche Tiervideos, wo die zum Beispiel die eine Schildkröte der anderen weider auf die Beine hilft, nachdem sie aus unbekannten Umständen auf dem Rücken gelandet ist.
Darunter finden sich dann liebe Kommentare darüber, dass dies in der Tierwelt ja normal wäre und warum das in der Menschenwelt sicherlich nicht so wäre.
Nun – zum einen helfen sich hier 2 Schildkröten und nicht 2 Tiere. Tiere fressen sich für gewöhnlich. Der Fleischfresser jagd und frisst den Pflanzenfresser.
Übernimmt ein anderes Männchen ein Rudel, so tötet es alle Jungen um seinen eigenen kommenden Nachwuchs zu fördern. Ist das auch niedlich?
Katzen jagen auch gerne mal zum Spaß und spielen mit Ihrem Essen – so kann sich der Todeskampf einer Maus auch gut und gerne eine Stunde hinziehen – ob sie dann auch tatsächlich gefressen wird ist eine andere Frage – die Katze jagd eben einfach aus Reflex bzw. Instinkt. Ist das niedlich? Hat nicht auch die Maus einen schnellen Tod verdient?
Der Elefant – ein an sich friedliebendes Tier – muss eine enorme Menge an Nahrung vertilgen (wie viele andere Tiere auch) – und er muss das ständig tun ohne Pause um überleben zu können. Andere Tiere tun das auch, auf kurz oder lang fressen sie sich gegenseitig die Nahrung weg – ohne Rücksicht. Wer darin besser ist überlebt. Der andere stirbt. Niedlich?
Einige Fische fressen die Eier anderer Fische. Wenn nötig sogar die Eier der Nachbarn. Würde ein Mensch den Nachwuchs des Nachbarn essen, weil gerade der Kühlschrank leer ist? Was, wenn er gar keinen Kühlschrank hätte?
Bei fast allen Tieren findet sich ein Herrschaftskampf auf Leben und Tod – die Brautschau, meist verknüpft mit einem brutalen Kampf. Fleisch- und Pflanzenfresser bekämpfen sich gleichermaßen mit derselben Rasse. Niedlich? Ist ein Wolf, der nach einem Rivalitätskampf nicht mehr jagen kann und damit elendig verhungern muss niedlich? Findet er Mitleid? Nein. Aber so ist die Natur – so funktioniert Evolution, so tat sie das schon immer. nur so konnte sich die Fauna so entwickeln wie wir sie heute kennen.
In der Tierwelt gilt im Grunde nur eines: Das eigene Überleben, die eigene Fortpflanzung und der Erhalt der eigenen Rasse – und das ohne Rücksicht auf Verluste. So ist die Natur, so hat sie sich entwickelt und nur so kann sie funktionieren.
Da lobe ich mir doch die Menschenwelt, die Dinge wie Moral und Empathie kennt. Tiere kennen weder Moral noch Empathie – sie schützen Ihre Familie, Ihre Gemeinschaft und töten dafür – wenn nötig – Agressoren und Feinde.
Ich muss daran immer denken, wenn wieder jemand das nächste Tiervideo teilt und ich Kommentare lese, wie sehr die Tierwelt doch besser ist.
Die Tierwelt ist voll von Qual, Überlebenskampf, Nöten und Selbsterhaltung. Vielleicht stört mich dabei auch nur, dass die Leute gerne eben immer nur eine Seite der Medaille sehen, dass sie nicht das große Ganze erkennen und dies in Ihren alltäglichen, wichtigen Entscheidungen letztendlich leider auch nicht tun.